Ein Ratgeber für Eltern
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Vorwort
Liebe Eltern,
Weltweit werden viele Sprachen gesprochen: in Ihrem Land, in Ihrer Nachbarschaft und vielleicht auch in Ihrer Familie. Die Sprache(n), die in Kindergärten/Kitas oder in der Schule verwendet wird/werden, kann/können sich von der/den Sprache(n) unterscheiden, die zu Hause gesprochen wird/werden.
Vielleicht sind Sie unsicher, ob Sie Ihr Kind stressen, wenn Sie ihm Zugang zu mehr Sprachen als der/den zu Hause gesprochenen Sprache(n) ermöglichen. Vielleicht haben Sie Fragen dazu, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können, alle Sprachen zu beherrschen, die es braucht, um in der Familie, in der Nachbarschaft, im Kindergarten/in der Kita und in der Schule zu kommunizieren. Vielleicht haben Sie Fragen dazu, wann und ob überhaupt mehr als eine Sprache in Ihrer Familie eingeführt werden sollte. Vielleicht halten Sie es sogar für einen Nachteil für Ihr Kind, wenn es später mit mehr Sprachen als nur der Schulsprache zurechtkommen muss.
Wie Sie sich vorstellen können, gibt es viele Vorstellungen und Vorbehalte bezüglich der mehrsprachigen Erziehung. Eltern fragen sich häufig, welche Vor- oder Nachteile sich daraus für den schulischen und späteren beruflichen Erfolg ihres Kindes ergeben können.
Auch die Rolle der pädagogischen Fachkräfte und Eltern ist in diesem Zusammenhang ein Thema in der öffentlichen Diskussion. Pädagogische Fachkräfte können das Kind mit einer wertschätzenden Haltung gegenüber allen Sprachen unterstützen. Keine Sprache sollte als wertvoller, wichtiger, schöner oder nützlicher als eine andere angesehen und behandelt werden. Alle Sprachen sind wertvoll und schön! Außerdem können pädagogische Fachkräfte viele Situationen nutzen, um mit den Kindern zu sprechen, damit sich die für die Schule notwendige Sprache entwickeln kann. Auch Sie als Eltern können Ihr Kind dabei unterstützen, die für Sie und Ihr Kind wichtigen Sprachen in Ihrem Lebenskontext zu verstehen, zu sprechen und zu schreiben. Seien Sie stolz darauf!
Kooperationspartner*innen aus verschiedenen Ländern (Österreich, Deutschland, Litauen, Polen und Slowenien) haben ihre Expertise in einem Erasmus+-geförderten Projekt zusammengeführt, um Sie und Ihr Kind bei einer mehrsprachigen Erziehung zu unterstützen. Deshalb möchten wir Ihnen gerne Wissen über die Herausforderungen und vor allem die Chancen des Erlernens verschiedener Sprachen vermitteln. Wir zeigen Ihnen verschiedene Möglichkeiten auf, wie Sie Ihr Kind auf dem Weg in mehrsprachige Umgebungen aktiv unterstützen können. Wir werden uns auch darauf konzentrieren, das Wissen des Kindes über die grundlegenden Sprachkenntnisse (z. B. Wörter und Ausdrücke) der Schulsprache vor dem Eintritt in das Schulsystem zu erweitern.
Wir werden unseren Ansatz auf das computergestützte Sprachenlernen (Computer-Assisted Language Learning, kurz CALL) stützen. Zu diesem Zweck haben wir die App "Dandelin geht zur Schule" entwickelt, mit der Kinder Wörter und Ausdrücke lernen und trainieren können, die sie bei der Einschulung benötigen. Die App ist für Kinder ab 4 Jahren gedacht und kann kostenlos heruntergeladen werden.
Die App hilft, den Lernprozess spielerisch zu unterstützen. So bleibt das Kind motiviert und neugierig. Gleichzeitig können auch Sie als Eltern davon profitieren, dass Sie die in der Schule verwendete Sprache kennenlernen, während Sie die vorgeschlagenen Aktivitäten mit Ihrem Kind durchführen (siehe Kapitel 6 zu den Vorteilen von CALL im Detail). Zusätzlich enthält dieser Leitfaden Methoden und Aktivitäten, mit denen Ihr Kind von Anfang an mit der Schulsprache vertraut gemacht werden kann. Darüber hinaus werden wir Sie im Rahmen dieses Leitfadens dabei unterstützen, Ihre zu Hause gesprochene(n) Sprache(n) zu erhalten und zu stärken.
In den folgenden Kapiteln finden Sie einige grundlegende Informationen zum Spracherwerb, zur Mehrsprachigkeit und zu den Vorteilen des computergestützten Sprachenlernens (CALL). Diese enthalten wesentliche Fakten, Beispiele und zahlreiche Fragen, die dazu einladen, sich Gedanken zu machen. Weiterhin finden Sie Vorschläge für Aktivitäten, die Sie mit Ihrem Kind durchführen können, um sowohl die in der Schule verwendete Sprache als auch die zu Hause gesprochene(n) Sprache(n) zu fördern.
In der Fachliteratur über die Entwicklung von Zwei- oder Mehrsprachigkeit beziehen sich viele Begriffe auf die in der Familie gesprochene(n) Sprache(n) und auf die Sprache, die beim Schuleintritt verwendet wird. Die in der Familie gesprochene(n) Sprache(n) wird/werden beispielsweise als Muttersprache, Herkunftssprache oder Familiensprache(n) bezeichnet und auch als Sprache(n), die zu Hause gesprochen werden. Je nachdem, welche Sprache zuerst erworben wird, können sogar noch technischere Begriffe wie L1 (Sprache 1) und L2 (Sprache 2) verwendet werden. In den folgenden Kapiteln werden wir die Begriffe "Familiensprache" und "Schulsprache" verwenden. Diese Begriffe unterscheiden die Sprache(n), die Sie mit Ihrer Familie und Ihren Freunden sprechen, von der Sprache, die Sie für den Start im Bildungssystem in Ihrem Land benötigen. Manchmal kann es sich um dieselbe Sprache handeln, aber bei vielen zwei- oder mehrsprachigen Kindern können wir davon ausgehen, dass die zu Hause gesprochene(n) Sprache(n) sich von der Sprache unterscheidet/unterscheiden, die das Kind in der Schule braucht. Wir sind uns bewusst, dass zu Hause und auch in der Schule möglicherweise mehrere Sprachen gesprochen werden. Um Ihnen die Lektüre dieses Leitfadens zu erleichtern, werden wir jedoch von nun an die Formulierung "Familiensprache" und "Schulsprache" für eine oder mehrere Sprachen verwenden.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!